Die Lechler auf der 54. Europeade in Turku, Finnland
(26. - 30. Juli 2017)
Der Routenplaner gibt runde 2000 km Fahrtstrecke nach Turku an. Da kommt man leicht in Versuchung den Flieger als Transportmittel zu wählen, zumal das auch noch die mit Abstand billigste Anreisevariante ist. Das taten die meisten Lechler auch. Gut verteilt auf verschiedene Maschinen und zu breit gestreut unterschiedlichen Zeitpunkten flogen 14 Vereinsmitglieder entweder nach Helsinki oder gleich nach Turku ein. Weitere drei wollten Gemeinschaft genießen, die Entfernung erleben, Kulturgüter am Rande besichtigen und ein Auto vor Ort haben. Sie schlossen sich deshalb der Riesengebirgstrachtengruppe und den Zwergen an, welche über Travemünde und Schiff nach Helsiki fuhren und dort auf dem Campingplatz in einem finnischen Holzhaus zwei Nächte sehr gut verlebten.
Finnland begrüßte uns alle mit allerbestem Sonntagswetter. Der Himmel und das Wasser blau, die Felder, Wälder und Wiesen grün, angenehm warm und das Beste, keine Mückenschwärme, wie eigentlich erwartet. So blieb es auch die meiste Zeit. Nur während einer Dampferfahrt, die ein paar Lechler unternahmen, blies der Wind ein wenig und es regnete zeitweise. Aber selbst schuld, man hätte zu dieser Zeit auch zum Tangotanzen gehen können, da wäre man nicht nass geworden.
Die Schulschläfer und die Hotelgäste waren heuer sehr nahe beieinander und sehr sehr zentral, nahe am Festgeschehen, untergebracht. Endlich hatten die Hartgesottenen einmal die Gelegenheit den anderen ihren Lebenswandel in der Gemeinschaftsunterkunft zu demonstrieren, da das Essen, das übrigens hervorragend schmeckte, dort ausgegeben wurde. Ob sich nächstes Jahr wohl mehr von uns das Schlafen (oder nicht Schlafen) im Matratzenlager antun werden?
Die Gastgeber hatten ihre Uferpromenade schön in finnischem Design herausgeputzt und man konnte bei Tag und bei Nacht ausgedehnte Spaziergänge entlang den vielen Tanzbühnen und Lokalen, z.T. auf Schiffen, unternehmen. 6500 Teilnehmer, organisiert in 312 Vereinen aus 27 verschiedenen Ländern, tanzten und sangen sich bei mehr als 600 Aufführungen gegenseitig und dem touristischen Publikum etwas vor. Die Teilnehmerzahl war aber nicht der einzige Rekord, der bei dieser Europeade aufgestellt worden war. Mehr als 20000 Leute tanzten zu Ehren der 100-Jahrfeierlichkeiten Finnlands, zu einem festgesetzten Zeitpunkt, gleichzeitig, in allen Straßen und vor allem auf dem Festgelände den Humppaa, einen Paartanz, der davor gemeinsam einstudiert worden war. Eine schöne Idee, die zum Kennenlernen, Austauschen und sich als geeintes Europa Fühlen, vortrefflich eingeladen hat.
Jahr für Jahr verspüre ich Gänsehaut, wenn die orange Europeadeflagge zu Beginn gehisst und am Ende eingerollt und den Teilnehmern aus dem nächsten Austragungsort (Viseu, Portugal) übergeben wird. Zu diesen beiden Veranstaltungen musste man mit dem städtischen Bus fahren und das war ein Erlebnis. Vor allem für die Busfahrer! Noch nie hatten sie so lange Schlangen an ihren Endhaltestellen gesehen! Unser Busfahrer hat seinen Fotoapparat herausgeholt, weil es ihm so denkwürdig erschien. Aber alles war einwandfrei organisiert. Keiner kam zu spät oder musste aus der großen Arena mit dem Taxi wieder zurück in die Stadt.
Museumsbesuche sind für Europeadeteilnehmer kostenfrei. Da konnte man gut mehrmals in die historische Handwerkerstadt gehen, die zeitlich wunderbar zu unserem Gwand gepasst hat. Die Burg von Turku habe ich von außen und von der Ferne gar nicht so besichtigungswert empfunden, aber von innen war sie spektakulär, so verwinkelt, groß und angefüllt mit Ausstellungsgegenständen, dass wir uns tatsächlich verlaufen haben, bzw. einen großen Teil trotz zweistündigem Aufenthalt nicht gesehen haben.
Persönlich werde ich zwei Szenen dieser gelungenen Europeade nie vergessen. Eines abends haben wir in der Schule auf dem breiten Gang mit einem französischen Verein und einem irischen mit zwei deutschen Rollstuhlfahrerinnen getanzt. Die Franzosen haben uns ihre Tänze gezeigt und mit Händen und Füßen ausgedeutscht was zu tun war. Was sich da untereinander abspielte war ein Lehrbuchbeispiel für gelungene Inklusion.
Das zweite Erlebnis war die gemeinsame Kirchbootruderfahrt der Lechler. Bei der Buchung in München hatte keiner von uns auch nur im Traum vermutet, dass man da selbst rudert. Ich hatte nicht einmal die Ruderboote, die so ab und an am Kanal vorbeischipperten, in Verbindung mit unserer Unternehmung gebracht. Tja und dann standen wir am Kai und da lag nur ein Ruderboot für 14 Ruderer im Wasser. Zum Glück Richtung flussabwärts, muss man sagen. Wir haben sehr viel gelacht und uns sehr stolz gefühlt, als wir nach unfallfreier Fahrt am Ziel ankamen und ein Kaltgetränk gemeinsam zu uns nahmen.